Bolt Thrower
...For Victory (1994)
Death Metal / Grindcore
Note: 9.5

 

Spielzeit: 39:32
 
Tracklist: 
 
01. War (Instrumental)
02. Remembrance
03. When Glory Beckons
04. ...For Victory
05. Graven Image
06. Lest We Forget
07. Silent Demise
08. Forever Fallen
09. Tank (Mk.I)
10. Armageddon Bound
 

Und hier sind sie endlich, diese unglaublichen Melodien, die den Sound von BOLT THROWER so besonders machen! "…For Victory" setzt genau dort an, wo der Vorgänger aufhörte und mit dieser Scheibe sind die Briten aus Coventry endgültig in die Championsleague des Death Metal aufgestiegen. Direkt das kurze Instrumental–Stück 'War' zeigt auf, in welche Richtung es in den nächsten knapp 40 Minuten gehen wird. 'Remembrance' bestätigt den ersten Eindruck mit einer Wehemenz, wie man sie sich nur wüschen kann, wenn man dieser Art von Musik nicht abgeneigt ist. Die Gitarren dröhnen fett aus den Boxen, die Rhythmus–Fraktion spielt tight auf den Punkt (immer wieder eine geile Vorstellung, mit Jo Bench eine so fähige Frau (!!!) am Bass zu haben, die vielen Kerlen zu zeigen vermag, wo der echte Hammer zu hängen hat…) und Karl Willetts brüllt alles raus, was seine Lungen und Stimmbänder hergeben. Blutige Brocken Fleisch vermutlich inklusive…

Besagter fällt stimmlich dann bei 'When Glory Becons' ein wenig ab (vielleicht schon zu heiser gewesen, als er den Track eingebrüllt hat!??), was dann beim letzten Song 'Armageddon Bound' leider erneut der Fall ist, aber sonst liefert Karl (der nach den Aufnahmen die Band "vorerst" verliess) auf "…For Victory" nur feinste Qualität ab. Satt, kraftvoll, bedrohlich und dominant sind die Worte, die mir als erstes durch den Kopf schiessen, wenn ich versuche das in Worte fassen, was man eigentlich nur wahrhaftig erfahren kann, wenn man es mit eigenen Ohren hört. Auch seine Art der Phrasierung und punktgenaue Betonung nötigt mir immer wieder höchsten Respekt ab.

Und so reiht sich ein Knaller an den anderen. BOLT THROWER, die immer für ihre Fannähe, Do-it-yourself-Attitüde und daraus resultierende fanfreundliche Merchandise- & Ticketpreise standen/stehen haben einen Schutzwall aus Hits aufgetürmt, die man ihnen so schnell nicht nachmachen kann. Mal schnell und kompromisslos, dann wieder bedacht und lauernd. Dazu diese unvergleichlichen Leads, die immer irgendwo zwischen Melancholie und Räude einzuordnen sind und vor allem in Verbindung mit den Lyrics bei ihrem Lieblingsthema Krieg zum Nachdenken anregen. Hier seien als Beispiele 'Lest We Forget' und 'Forever Fallen' genannt, die zusammen mit dem Titelsong meine Favoriten auf diesem Album darstellen. Der Panzer nimmt dann im wahrsten Sinne des Wortes mit 'Tank (MK I)' gehörig Fahrt auf und walzt alles nieder, was ihm im Weg steht. Da passt kein Blatt Papier mehr dazwischen!!!

Die gerade angesprochene Nachdenklichkeit wird dann übrigens auch noch durch das auf den ersten Blick unspektakuläre CD-Cover unterstützt. Man sieht einen traumhaften Sonnenuntergang… Blick auf's Wasser… alles im warme Farben getaucht. Ein Anblick, der für viele Menschen der Inbegriff von Urlaub und Entspannung darstellt. Wäre da nicht diese kleine, in Schatten getauchte Kolonne an marschierenden Soldaten im unteren Viertel des Bildes, die allein durch ihre Präsenz den Beigeschmack von Leid, Schmerz und in letzter Konsequenz auch Tod mit sich tragen… So simpel und doch so wirkungsvoll kann ein kleines Cover grosses Kopfkino auslösen. Mehr als beeindruckend…

Das Jahr 1994 in dem dieser Tonträger erschien, brachte zwar noch mehr Szene–Klassiker wie "Tomb Of The Mutilated" von CANNIBAL CORPSE und (falls man sie noch dazu zählen will) "Tales From The Thousand Lakes" von den mittlerweile in Richtung Gothic Metal tendierenden Finnen AMORPHIS hervor… um mal nur zwei Vertreter zu nennen… aber seien wir mal ehrlich: die Amis hat man mit diesem Album eindeutig in die Schranken verwiesen (zu sperriges Dauergeknüppel, welches sich schon nach ein paar Durchläufen abnutzte) und die frühen AMORPHIS laufen eh ausser Konkurrenz. Nicht zuletzt wegen ihrem Kalevala-inspirierten Lyrikkonzept und der Nähe zur landestypischen Folklore. "…For Victory" gehört im globalen Ranking dieses Jahrgangs weit nach oben! Grooviger, purer Oldschool–Death Metal, wie er besser kaum sein kann. Ein Meilenstein und zu Recht ein Klassiker. Amen, verdammt!